Wyse CX0 Thin Client mit Windows 98: kann das gut gehen?

Der Wyse CX0 ist ein kleiner und sehr handlicher Computer. Eigentlich ist es ein Thin Client. Aber dank seiner X86-Kompatibilität ist er auch für Windows-Betriebssysteme geeignet.

Warum also nicht auch für MS-DOS oder Windows 98, zum Beispiel für Retro-Computing oder Retro-Gaming?

Wenn Sie sich für dieses Thema interessieren und eine günstige Hardware für solche Zwecke suchen, sollten Sie weiterlesen. Hier erfahren Sie Folgendes:

  • Was ist eigentlich ein Thin Client?
  • Wozu lassen sich heute Thin Clients wie der Wyse CX0 verwenden?
  • Wo bekommt man solche Thin Clients und was kosten sie?
  • Wie lief es mit der Installation von Windows XP und Windows 98?
  • Findet man für den Wyse CX0 überhaupt die passenden Treiber?
  • Welche Schwierigkeiten bei der Windows-Installation und der Treiberinstallation auf dem Thin Client auftraten (und es gab Schwierigkeiten).
  • Wo Sie die passenden Treiber für Windows XP und Windows 98 herbekommen.
  • Wie sich der Wyse CX0 als Rertro-Computer und für Retro-Gaming unter Windows (und DOS) eignet.

Was ist ein Thin Client überhaupt?

Zunächst ein paar Informationen, was ein Thin Client ist und wozu solche Mini-PCs wie der Wyse CX0 eingesetzt wurden.

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen an einem Computer, der selbst nur eine relativ geringe Rechenleistung hat. Und trotzdem arbeiten Sie blitzschnell, als säßen Sie vor einem High-End-Rechner.

Das ist die Idee hinter Thin Clients:

Es handelt sich um schlanke, minimalistische Computer, die fast nichts selbst berechnen, sondern die ganze Arbeit von einem leistungsstarken Server im Hintergrund erledigen lassen.

Diese kleinen und stromsparenden Geräte sind vor allem dort beliebt, wo viele Menschen mit denselben Programmen arbeiten, etwa in Unternehmen, Behörden oder Bildungseinrichtungen.

Statt auf jedem Schreibtisch einen voll ausgestatteten (und entsprechend teuren) Computer mit viel Wartungsaufwand zu betreiben, wird einfach ein Thin Client aufgestellt, der sich mit einem zentralen Server verbindet.

Das spart Strom, reduziert Hardware-Kosten und macht das IT-Management einfacher. Außerdem: Wird neue Software oder ein Update eingespielt, ist das nur auf dem „Hauptrechner“, also dem Server, notwendig.

Der Wyse CX0 Thin Client
Der Wyse CX0 ist so ein besonders kleiner und kompakter Thin Client

Doch Thin Clients sind nicht nur für moderne Bürolandschaften interessant.

Vor allem im Retro-Computing entdecken immer mehr Technikbegeisterte, dass sich ältere Modelle wie der Wyse CX0 hervorragend für Bastelprojekte eignen.

Mit ein wenig Tüftelei lassen sich diese Geräte als Hardware für nostalgische Spielekonsolen, minimalistische Surfstationen oder sogar in kleine Retro-Terminals verwandeln. Das ist auch eine Art, alte Technik neu zu nutzen.

Und darum geht es in diesem Beitrag.

Der Wyse CX0: Welche Hardware hat er?

Der Wyse CX0 ist nicht größer als ein Buch. Dennoch hat er eine Hardwareausstattung, die als Grundlage für ältere Betriebssysteme vollkommen ausreichend ist.

Innenleben und Maiboard des Wyse Thin Clients CX0
Innenleben und Mainboard des Wyse Thin Clients CX0

Der Wyse CX0 ist optisch dem Vorgängermodell Sx0 sehr ähnlich. Es ist ein sehr (für den Einbau einer „richtigen“ Festplatte schon zu) kompakter und leichtgewichtiger Thin Client.

Im Gegensatz zum Sx0 besitzt er zwei PS/2-Anschlüsse, dafür jedoch keine serielle Schnittstelle.

Es gibt außerdem zwei USB-Anschlüsse an der Vorderseite und zwei weitere auf der Rückseite. Der Videoausgang ist ein DVI-Anschluss. Mit einem geeigneten Splitter können zwei unabhängige Monitore betrieben werden. Ob das allerdings bei einem Retro-PC Sinn macht, lasse ich einmal dahingestellt.

Ein Quick-Start-Guide nennt folgende Modelle: C00LE, C10LE, C30LE, C50LE, C90LE, C90LE7 und C90LEW. Ein offizielles Datenblatt listet jedoch nur fünf Varianten:

  • Der Wyse C00LE ist ein Zero-Client ohne eigenes Betriebssystem, der mit Wyse WSM-Software verwendet wird.
  • Der Wyse C10LE läuft mit Wyse ThinOS, speziell für hochsichere Umgebungen.
  • Das Modell Wyse C30LE verwendet Windows CE 6, ein Betriebssystem von Microsoft, das seinerzeit auch auf einigen tragbaren Computern und Navigationssystemen installiert wurde.
  • Modellvarianten wie der Wyse C90LE sind ausgestattet mit Windows XP Embedded und kompatibel mit zahlreichen Windows-Anwendungen und Treibern.
  • Der Wyse C90LEW nutzt Microsoft Windows Embedded Standard für eine erweiterte Funktionalität.

Technische Daten des Wyse CX0

KomponenteDetails
ProzessorVIA C7, 1 GHz
Speicher (Flash/RAM)C00LE: 0GB/1GB
C10LE: 128MB/512MB
C30LE: 128MB/512MB
C90LE: 1GB/1GB
C90LEW: 2GB/1GB
GrafikchipVIA VX855/VX875 Chrome 9
Max. Auflösung1920 x 1200 @ 60 Hz (15/16/24/32 Bit Farbtiefe)
Anschlüsse6x USB 2.0, 1x DVI, 2x PS/2 (Tastatur/Maus), 1x Gigabit-Ethernet
Serielle & parallele AnschlüsseKeine
StromversorgungExternes Netzteil, 12V 2.5A, Koaxialstecker (5.5mm/2.1mm)
LeistungsaufnahmeAus: 1W, Leerlauf: 5W, Betrieb: 7W
Abmessungen (B x H x T)17,7 cm × 3,4 cm × 12,1 cm

Weitere Details zum Wyse CX0

Hier sind ein paar weitere Daten zum Thin Client, die von Interesse sein könnten:

Speicher und Erweiterungen

  • Der Flash-Speicher ist ein Disk-On-Modul (DOM), das in einen Standard-44-Pin-IDE-Sockel eingesteckt wird.
  • Der RAM ist ein standardmäßiges DDR2 200-Pin SO-DIMM-Modul.
  • C10LE: 512MB PC2-6400 CL5
  • C90LEW: 1GB PC2-6400 CL6

Angaben zu den internen Anschlüssen

Mainboard Wyse CX0 mit internen und externen Anschlüssen
Mainboard Wyse CX0 mit internen und externen Anschlüssen.

Im Bild oben zu sehen ist das Mainboard des CX0. An der Größe der Knopfzelle (eine Lithiumbatterie CR20232 mit 20 Millimeter Durchmesser) erkennen Sie sehr gut, wie kompakt es ist. Hier sind die internen Anschlüsse:

  • CN2 ist ein 10-poliger Stecker in der Nähe der USB-Ports.
  • CN3 ist ein 3-poliger Steckplatz neben dem SODIMM-Sockel (zum Zurücksetzen des CMOS).
  • CN10 ist ein 4-poliger USB-Port für Erweiterungen.
  • CN11 ist ein 6-poliger USB-Anschluss für interne WLAN-Module.

Einige C90LEW-Modelle wurden mit WLAN ausgestattet. Verwendete Module waren Ralink RT2770 oder QCOM LR802UKN (802.11b/g/n, 2,4 GHz).

Mainboard CX0 Thin Client
Die Unterseite des Mainboards vom CX0 Thin Client

Anschluss einer Festplatte an den Wyse CX0

Im Wyse CX0 ist ein DOM (Disk-On-Module) eingesetzt. Das ist ein kompakter Flash-Speicher, der als Ersatz für herkömmliche Festplatten oder SSDs dient. Es handelt sich dabei um ein Modul, das direkt in einen IDE- oder SATA-Anschluss auf der Hauptplatine gesteckt wird.

Das ist zwar ganz praktisch. Aber leider hat das hier eingesetzte Modul nur sehr wenig Speicherplatz 128MB). Das würde höchstens für MS-Dos und ein paar kleine Spiele reichen, aber nicht für Windows.

Wyse CX0 Thin Client mit IDE-Kabel
Festplattenanschluss im Wyse CX0 mit 44-poligem IDE-Kabel

Da ich kein solches Modul mit 1GB oder mehr zur Verfügung hatte, beschloss ich, eine „normale“ Festplatte an den Thin Client anzuschließen.

Mit einem gewöhnlichen 44-poligen IDE-Kabel ist das auch kein Problem. Eine 2,5-Zoll-Festplatte aus einem alten Laptop sollte als Speicher für das Betriebssystem samt Programmen dienen. Diese hatte ich noch vorrätig.

Wyse CX0 Thin Client mit externer Festplatte
Wyse CX0 Thin Client mit IDE-Kabel und angeschlossener Festplatte

Leider passt die Festplatte nicht in das winzige Gehäuse, deshalb musste ich sie außen anschrauben. Das ist vielleicht nicht die eleganteste Lösung, aber es funktioniert.

Festplatte extern am Thin Client
Der Thin Client Wyse CX0 mit extern angebrachter Festplatte

Wyse CX0 und die Installation von Windows 98

Wie kommt nun ein neues Betriebssystem auf den Thin Client? Da gibt es mehrere Möglichkeiten. Nicht alle davon lassen sich ohne Schwierigkeiten nutzen.

Als Erstes probierte ich es mit einem externen CD-ROM-Laufwerk mit USB-Anschluss und einer Windows 98 Installations-CD. Das sah auch erstmal sehr gut aus. Der Wyse CX0 bootete problemlos von diesem Laufwerk und der Windows-CD.

Nach wenigen Augenblicken erschien der DOS-Prompt A:\. Das kommt daher, weil das Betriebssystem ein virtuelles Diskettenlaufwerk anlegt und davon Dos gestartet wird. Theoretisch könnte man nun auf das CD-Laufwerk wechseln (zum Beispiel mit D:) und das Windows-Setup starten.

Leider ging das hier aber nicht.

Der Grund ist folgender: Dos startet zwar das System, erkennt aber nicht das über USB angeschlossene CD-Laufwerk. Das klingt zwar etwas paradox, ist trotzdem wahr. Erkannt wird lediglich die Festplatte, da diese am IDE-Anschluss hängt, der auch unter Dos erkannt wird, nicht aber die USB-Ports. Dos kann nichts mit USB anfangen, da es zu einem Zeitpunkt erschien, als es USB-Anschlüsse noch gar nicht gab.

Doch wie sollte ich dieses Problem nun lösen?

Ich ging dazu wie folgt vor:

  1. Die Festplatte habe ich an einen anderen Rechner angeschlossen, und zwar mithilfe eines USB-IDE-Adapterkabels.
  2. An diesem Rechner habe ich dann die Festplatte partitioniert. Dazu habe ich unter Windows 10 in der Datenträgerverwaltung zwei FAT32-Partitionen angelegt und formatiert. Eine davon sollte für das Betriebssystem sein, die andere als zweites Laufwerk (D:) fungieren.
  3. Auf die zweite Partition (später als Laufwerk D: nutzbar) kopierte ich nun von der Windows 98 Installations-CD das Verzeichnis mit den Setup-Dateien. So konnte ich auch von Dos aus auf die Installationsdateien zugreifen.
  4. Dann schloss ich die Festplatte wieder am Wyse CX0 an und startete das System wie bereits vorher mit dem CD-Laufwerk und landete wieder in Dos. Das geht natürlich auch mit einem USB-Stick mit Dos oder einem externen USB-Diskettenlaufwerk. Ein Diskimage mit der Windows-98-Startdiskette können Sie hier herunterladen.
  5. Danach wechselte ich aufs Laufwerk D: mit dem zuvor kopierten Windows-Installationsverzeichnis (hier Win98).
  6. Jetzt konnte ich von hier aus die Windows-98-Installation auf dem Thin Client starten.
Wyse CX0 mit angeschlossener Festplatte
Wyse CX0 mit angeschlossener Festplatte während des Windows-Setups

Einmal stürzte der CX0 während der Hardwareerkennung ab. Er reagierte auf keine Mausbewegung mehr. Ich schaltete ihn aus und gleich wieder ein. Danach konnte ich die Windows-Installation problemlos fortsetzen.

Wyse CX0 Windows 98 Installation
An diesem Punkt stürzte der Wyse CX0 während der Windows 98 Installation ab

Nach der Windows-98-Installation

Nach der Installation von Windows 98 auf dem Wyse CX0 sah es erst einmal ziemlich trostlos aus. Weder die Grafik- noch die Sound- oder Netzwerktreiber wurden erkannt. Aber das verwundert auch nicht, da die Hardware neuer ist als das Betriebssystem.

Windows-98-Installation auf Wyse Thin Client
Thin Client nach der Windows-98-Installation

Auf dem Desktop zu sehen sind die Standardprogramme von Windows 98, darunter der Internet Explorer anno 1998, Outlook Express, das ich lange Zeit selbst genutzt habe, und noch einige andere Programme.

Es ist ein bisschen wie ein Deja Vu.

Aber tatsächlich gibt es hier noch einiges zu tun. Schließlich sollten möglichst alle Hardwarekomponenten funktionieren.

Man sieht (mit einem geübten Auge), dass die Farbgebung schon nicht stimmt, ein untrügliches Zeichen dafür, dass noch nicht der korrekte Grafiktreiber installiert wurde.

Stattdessen ist hier noch der „Standard PCI Graphics Adapter (VGA)“ am Werke, wie in der folgenden Abbildung zu sehen.

Windows 98 Gerätemanager Wyse CX0
Unbekannte Geräte im Windows 98 Gerätemanager nach der Installation

Ich habe die Treiber wie folgt installiert:

  1. Als Erstes kam die Grafikkarte dran. Ich installierte dazu den VBE Miniport Standard PCI Graphics Adapter (VGA). Der Link enthält eine ISO-Datei mit den Treibern zum Download. Danach stellte ich die Grafikauflösung und die Farbtiefe höher.
  2. Danach installierte ich den Universellen Treiber für USB-Speicherlaufwerke (Link hier USBWin98.exe). Damit lassen sich USB-Sticks unter Windows 98 lesen und schreiben.
  3. Für den PCI Programmable Interrupt Controller verwendete ich aus Windows 98 unter den Systemkomponenten den programmierbaren Interrupt Controller.
  4. Dann installierte ich den Treiber für die Netzwerkkarte (VIA Networking Velocity Family Ethernet Adapter, es müsste der unter dem Downloadlink sein).
  5. Jetzt fehlte noch der Treiber für die Soundkarte. Mir ist es unter Windows 98 nicht gelungen, sie zum Laufen zu bekommen. Ich folgte einem Tipp von einem YouTuber, eine USB-Soundkarte zu verwenden. Ich hatte noch einen billigen USB-Adapter aus China von einem anderen Projekt übrig. Und tatsächlich funktionierte dieser ohne zusätzliche Treiber, und das sogar unter Windows 98.
  6. Für die noch fehlende PCI Card installierte ich den Microsoft Direct Music SW Synth (WDM) unter Audio-, Video- und Gamecontroller.

Damit waren alle Ausrufezeichen im Gerätemanager verschwunden. Siehe dazu auch die nächste Abbildung.

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Thin Client mit Windows 98
Nach der Treiberinstallation der fehlenden Gerätetreiber sieht es schon besser aus

Soundkarte und Treiberprobleme

Wie schon beschrieben, gelang es mir unter Windows 98 nicht, die interne Soundkarte zum Laufen zu bringen. Ich habe testweise auch einmal Windows XP auf dem Wyse CX0 Thin Client installiert. Dort sollte es möglich sein, die Hardwarekomponenten des Wyse-Computers zu installieren. Schließlich gab es eine Variante mit einem Windows XP Betriebssystem zu kaufen. Das funktionierte auch. Ich habe auch die Treiber für die Netzwerkkarte von Windows XP zur Installation unter Windows 98 verwendet. Bei der Soundkarte funktionierte das aber leider nicht.

Auf der Festplatte wurden wie schon erwähnt zwei Partitionen angelegt. Auf dieser konnte ich Programme und Spiele speichern und installieren. Einige Spiele konnte ich mit Sound erfolgreich zum Laufen bekommen. Die Abbildung zeigt ein Beispiel.

Duke 3d Auf dem Wyse CX0
Duke Nukem 3D auf dem Wyse CX0

Hier kam auch die USB-Soundkarte zum Einsatz, die problemlos arbeitet. Die Grafikausgabe ist erstaunlich flüssig. Aber schließlich ist die Hardware des Thin Clients im Vergleich zur Software und zu diesem Spiel relativ neu.

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