512 GB USB-Stick aus China

Immer wieder werden von Anbietern aus Fernost günstige Memorysticks mit zum Teil gigantischen Speicherkapazitäten angeboten. Ist dieser 512 GB USB-Stick hier echt oder ein Fake?

512 GB USB-Stick in OVP

Einen USB-Stick mit sagenhaften 512 Gigabyte für weniger als zehn Euro kaufen ist doch eigentlich zum jetzigen Zeitpunkt (Stand: Herbst 2016) noch gar nicht möglich, oder?

Genau dies soll aber angeblich doch möglich sein, glaubt man zahlreichen Anbietern bei einem großen Online-Auktionshaus, die genau solche USB-Sticks zu äußerst günstigen Preisen unter die Menschen bringen wollen. Schaut man etwas genauer auf das Angebot, so stellt man fest, dass die Lieferung direkt aus China erfolgt. Auswählbar sind USB-Sticks mit mehreren unterschiedlichen Kapazitäten. Bei einem Angebot waren verschiedene Kapazitäten von beispielsweise 128, 256 oder auch 512 Gigabyte angegeben.

Ich war sehr skeptisch, ob die Kapazität von den Speichermedien auch tatsächlich stimmt. Probeweise bestellte ich mir ein solches Exemplar. Ich bestellte mir also einen 512 GB USB-Stick. Die Bestellung war schnell erledigt, genauso die Bezahlung per PayPal. Ich stellte mich auf eine Lieferzeit von mehreren Wochen ein, da der Stick ja direkt aus China geliefert werden sollte. Nach langer Zeit lag ein kleines Päckchen im Briefkasten, das den vor inzwischen langer Zeit bestellten USB-Stick mit 512 Gigabyte enthielt. Oben im Bild ist die Verpackung zu sehen

512 GB USB-Stick im Kleinformat

512 GB USB-Stick: stimmt die Kapazität?

Lediglich ein kleiner Aufkleber auf dem USB-Stick selbst deutet auf die enorme Kapazität von sagenhaften 512 Gigabyte hin. Ich war doch einigermaßen erstaunt, dass ein so kleiner Mikro-USB-Stick eine solche enorme Kapazität besitzen sollte. Natürlich wollte ich es sofort wissen und steckte den USB-Stick in einen USB-Port am Computer.

Speicheranzeige in Windows

Ein erster Blick auf die Eigenschaften des Laufwerks zeigte, dass tatsächlich eine Speicherkapazität von 549.737.857.024 Bytes, also etwa 511 Gigabyte auf dem USB-Stick vorhanden sein sollte. Das Bild links zeigt die Eigenschaften des Wechseldatenträgers mit einem belegten Speicher von etwas mehr als 26 Gigabyte. Ich hatte tatsächlich schon einige Dateien auf den USB-Stick kopiert. Alles schien also soweit in Ordnung zu sein. Als ich allerdings auf einige Dateien zugreifen wollte, änderte sich dies jedoch recht schnell. Die meisten der Dateien ließen sich nicht mehr aufrufen bzw. öffnen. Meine Skepsis sollte sich also nun als berechtigt herausstellen. Irgendwo musste es einen Datenverlust gegeben haben.

Testprogramm H2testw

Ich beschloss nun, den USB-Stick mit angeblichen 512 Gigabyte genauer unter die Lupe zu nehmen und zu untersuchen bzw. herauszufinden, welchen Speicherplatz er nun tatsächlich besitzt. Um eine etliche Stunden andauernde Überprüfung etwas abzukürzen, entschloss ich mich, lediglich die ersten zehn Gigabyte (10.000 Megabyte) zu überprüfen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits den Verdacht, dass der Stick eine tatsächliche Speichergröße von deutlich unter zehn Gigabyte hatte. Das Programm „H2testw“, welches sich dazu verwendete, ist übrigens im Internet zu bekommen.

H2testw während des Speichertests

Überprüfung des 512 GB USB-Sticks

Dieses Bild zeigt das Programm bei der Überprüfung des Memorysticks. Obwohl ich nur die ersten zehn Gigabyte überprüfen wollte, dauerte der Vorgang doch einige Minuten. Aber das war immer noch besser, als die gesamten 512 Gigabyte, die ohnehin nicht vorhanden sein sollten, zu überprüfen. Bis jetzt schien auf jeden Fall noch alles in Ordnung zu sein. Das Programm H2testw beschreibt den Speicher des USB-Sticks und liest ihn nachher wieder aus.

H2testw: Speicher ist nicht komplett beschreibbar

Das Ergebnis des Speichertests

Hier ist nun das Ergebnis des Tests zu sehen. Bei genauem Hinschauen stellt sich heraus, dass etwa 7,7 Gigabyte fehlerfrei auf den USB-Stick mit vermeintlichen 512 Gigabyte geschrieben werden konnten. Die restlichen zweikommairgendwas Gigabyte waren tatsächlich verloren. Hätte es sich um wichtige Daten gehandelt, so wären diese nicht mehr wieder herstellbar gewesen. Wie funktioniert nun aber das Ganze eigentlich? Im Grunde ist es ganz einfach. Lediglich die ersten knapp acht Gigabyte werden tatsächlich mit Daten beschrieben. Die restliche Speicherkapazität ist nicht vorhanden.

Was heißt das?

Die Daten, welche in die etwa 504 Gigabyte geschrieben werden, laufen sozusagen ins Leere. Tatsächlich werden die Daten immer wieder auf dieselbe Speicheradresse geschrieben. Jeder USB-Stick enthält neben dem eigentlichen Speicherchip noch einen Controller, welcher die Speicherverwaltung übernimmt. Dieser Controller wurde bei diesem USB-Stick manipuliert, sodass er dem Betriebssystem eine falsche Speicherkapazität vorgaukelt. Diese Manipulation hat dann zur Folge, dass im Dateiverzeichnis (quasi im Inhaltsverzeichnis des Speichers) alle vermeintlich auf dem Stick gespeicherten Daten als korrekt abgespeichert angezeigt werden. Alles scheint also soweit ganz normal zu sein.

Fehler treten erst später auf

Der Datenverlust fällt dadurch erst dann auf, wenn die Daten wieder ausgelesen werden sollen. Übrigens kann es vorkommen, dass direkt nach dem Speichern von Daten auf dem Stick diese angeblich wieder gelesen werden können, sofern der Zugriff unmittelbar nach dem Speichervorgang erfolgt. Häufig ist es so, dass sich der Datenverlust erst dann bemerkbar macht, wurde der USB-Stick vom Rechner getrennt oder an einem anderen Rechner angeschlossen. Es handelt sich um eine sehr geschickt gemachte Fälschung, welche den meisten Nutzern also gar nicht sofort auffällt.

512 GB USB-Stick mit fehlerhaftem Controller

Ich wollte nun wissen, ob es möglich wäre, zumindest die tatsächlichen acht Gigabyte Speicher vernünftig zu nutzen, ohne Gefahr zu laufen, den tatsächlich nicht vorhandenen Speicher vermeintlich zu nutzen. Mithilfe des Programms „Fat32Formatter“ wollte ich den Stick mit einer Partition in der Größe von knapp acht Gigabyte versehen. Die restlichen etwas mehr als 500 Gigabyte sollten gar nicht erst angezeigt werden. Im Bild oben ist es bereits zu sehen. Der winzige Bereich, der grün markiert ist, stellt die Partition mit knapp acht Gigabyte dar, die auch tatsächlich mit Daten beschrieben werden kann, ohne dass diese verloren gehen. Der restliche „falsche“ Speicher wird also gar nicht erst angesprochen. So ist es zumindest möglich, den Stick zum Abspeichern von nicht ganz so wichtigen Daten zu nutzen. Wirklich wichtige Daten würde ich ihn sicherlich nicht anvertrauen.

Im Zweifelsfall hilft nur testen

Natürlich kommt es auch vor, das auf einem USB-Stick wichtige Daten gespeichert oder transportiert werden müssen. In diesem Falle empfiehlt es sich aber, immer eine Sicherheitskopie auf der Festplatte des Rechners zu behalten. Außerdem kann es nicht schaden, einen neu erworbenen USB-Stick auf seine tatsächliche Speichergröße zu überprüfen bzw. daraufhin, ob die Speicherkapazität fehlerfrei genutzt werden kann. Das oben erwähnte Programm „H2testw“ ist dazu recht gut geeignet. Es kann die gesamte Speicherkapazität von USB-Sticks gründlich überprüfen und detaillierte Fehlermeldungen ausgeben, sofern etwas nicht in Ordnung ist. Außerdem hilft das Programm dabei, Fake-USB-Sticks wie die oft aus China gelieferten zu entlarven. Außerdem kann es nicht schaden, sich einmal Gedanken zu machen, warum USB-Sticks mit „echten“ 512 Gigabyte doch etwas teurer sind als zehn Euro. Ein gesundes Misstrauen gegenüber solchen Billigangeboten ist also durchaus sinnvoll.