Elektronische Schaltungen sind wahre Wunderwerke, wenn es darum geht, unterschiedlichste Signale zu erzeugen. Ob im Alltag, in der Musik oder in der Technik – überall begegnen uns Wellenformen und Schwingungen.
Doch wenn es um die Erzeugung von Sinuswellen geht, wird es knifflig.
Viele Standard-Schaltungen, wie etwa der Multivibrator, liefern vor allem Rechteck- oder Sägezahnsignale, die zwar nützlich, aber nicht immer geeignet sind, wenn man harmonische, fließende Wellenformen braucht.
Genau hier kommt der sogenannte Phasenschieber ins Spiel. Diese clevere Schaltung ermöglicht es, auf einfache Weise Sinuswellen zu erzeugen – und das mit Bauteilen, die in nahezu jeder Bastelkiste zu finden sind.
Und um den Aufbau und die Funktion der Phasenschieber-Schaltung geht es in diesem Beitrag.
Werfen wir einen genaueren Blick auf den Phasenschieber, wie er funktioniert und wie man ihn aufbaut. Sie können damit experimentieren, Töne erzeugen oder sogar Leuchtdioden in einer wellenförmigen Abfolge ansteuern.
Warum eine Sinus-Wellenform?
Sinuswellen unterscheiden sich von anderen Wellenformen wie Rechteck- oder Sägezahnsignalen vor allem durch ihre runde und gleichmäßige Form. Während eine Rechteckwelle scharfe Kanten hat – sie springt direkt von einem hohen zu einem niedrigen Wert –, ist die Sinuswelle weich und rund, wie ein sanftes Auf und Ab.
Oder mit anderen Worten ausgedrückt:
Rechteck bedeutet einfach nur „Ein und Aus“. Und das lässt sich mit wesentlich einfacher realisieren als ein kontinuierliches Ansteigen und wieder Abfallen einer elektrischen Spannung und ihres Verlaufs.
Rechteckwellen klingen in Lautsprechern hart und meist unangenehm, während Sinuswellen angenehm und harmonisch wirken. Auch das kommt durch das „harte“ Ein- und Ausschalten zustande. Daher ist es auch kein Wunder, dass Sinuswellen „weicher“ und angenehmer klingen als Rechecksignale oder viele andere Wellenformen.
Das Erzeugen von Sinuswellen ist allerdings komplizierter. Sie erahnen es vielleicht wegen der vorigen Ausführungen. Das gilt zwar nicht unbedingt wegen (der Anzahl) der erforderlichen Bauteile und dem Schaltungsaufwand. Aber es hat mit der Abstimmung der Schaltung zu tun, damit diese einwandfrei funktioniert.
Rechteck- oder Sägezahnsignale lassen sich leicht mit Standard-Schaltungen wie Multivibratoren erzeugen, aber die gleichmäßige Schwingung der Sinuswelle erfordert einen anderen Aufbau der Schaltung. Genau hier kommt die Phasenschieber-Schaltung ins Spiel.
Wie ein Phasenschieber funktioniert
Ein Phasenschieber ist eine elektronische Schaltung, die dafür sorgt, dass das Signal, das hindurchfließt, zeitlich verschoben wird. Diese sogenannte Phasenverschiebung bedeutet, dass der „Wellenberg“ eines Signals nicht sofort, sondern verzögert an einem bestimmten Punkt ankommt. Diese Technik wird oft verwendet, um Sinuswellen zu erzeugen, die eine weiche, gleichmäßige Wellenform haben.
Um zu verstehen, wie die Signale in einem Phasenschieber entstehen, stellen wir uns vor, dass die Schaltung eine elektrische Schwingung erzeugt und immer wieder „verstärkt“ und „zurückgeführt“ wird, um eine kontinuierliche Schwingung zu erhalten.
Hier sind die einzelnen Schritte für die Signalerzeugung durch den Phasenschieber:
Die Signalerzeugung im Phasenschieber:
Die Grundlage für die Phasenschieber-Schaltung ist ein Verstärker. Genauer gesagt handelt es sich um eine Verstärkerstufe, die in dieser Schaltung hier aus einer einzigen Transistorstufe besteht. Durch sie wird ein elektrisches Signal verstärkt.
Dieses Signal wird jedoch nicht direkt wieder an den Eingang des Verstärkers geleitet, sondern durchläuft zuerst einen sogenannten Rückkopplungszweig. In diesem Zweig befinden sich Kondensatoren und Widerstände (das RC-Netzwerk), die eine Verzögerung des Signals verursachen – also die erwähnte Phasenverschiebung.
Nun zur Phasenverschiebung:
Das Signal, das durch die Kondensatoren und Widerstände fließt, wird verzögert. Kondensatoren speichern und entladen elektrische Energie, und das in einem bestimmten Takt, der durch die Widerstände beeinflusst wird. Und diese Vorgänge benötigen etwas Zeit.
Diese Verzögerung bewirkt, dass das Signal, das am Verstärker-Eingang wieder ankommt, gegenüber dem Ausgangssignal zeitlich versetzt ist. Wenn mehrere dieser Verzögerungen in der richtigen Kombination hintereinander geschaltet werden, wird das Signal um genau 180 Grad verschoben – genug, um eine neue Schwingung zu erzeugen.
Und jetzt zur Signalrückkopplung:
Hier kommt die Rückkopplung ins Spiel. Das verzögerte Signal wird an den Eingang des Verstärkers zurückgeführt. Wichtig ist, dass diese Rückkopplung „phasengleich“ sein muss, das bedeutet, das Signal muss genau zum richtigen Zeitpunkt zurückkommen, um den Verstärker weiter ansteuern und eine neue Schwingung zu erzeugen. Das Signal „füttert“ sich sozusagen selbst, indem es immer wieder verstärkt und zurückgeführt wird – das sorgt für eine kontinuierliche Schwingung.
Das Ergebnis: eine sinusförmige Schwingung:
Da die Verzögerung durch die Kondensatoren und Widerstände kontinuierlich verläuft, entsteht eine sanfte und gleichmäßig verlaufende Wellenform – die Sinuswelle. Dies ist ein großer Unterschied zu anderen Schaltungen, die oft scharfe „Kanten“ (wie die Rechteckwellen) erzeugen.
Zusammengefasst: Der Verstärker erzeugt ein Signal, das durch die Rückkopplung immer wieder zeitlich verschoben und verstärkt wird. Diese Rückkopplung ist sehr wichtig, um die Schwingung aufrechtzuerhalten. Die Kondensatoren und Widerstände in der Schaltung bestimmen dabei, wie stark das Signal verzögert wird. Sie sorgen außerdem dafür, dass eine gleichmäßige Sinuswelle entsteht.
Aber wie entsteht zu Beginn ein Signal?
Was ist beim Einschalten, wenn zunächst noch gar kein Signal da ist, welches verstärkt werden kann? Dazu folgt nun eine Erklärung:
Sobald die Schaltung mit Strom versorgt wird, entsteht in den Bauteilen ein geringes elektrisches Rauschen. Diese Schwankungen sind zufällige Spannungsänderungen, die in jedem elektrischen System auftreten, auch wenn sie normalerweise sehr klein sind.
Dieses Rauschen wird dem Verstärker zugeführt. Da der Verstärker dazu da ist, Signale zu verstärken, nimmt er dieses winzige Rauschen und verstärkt es. So wird aus den anfangs winzigen Schwankungen ein größeres Signal.
Dieses verstärkte Signal wird nun durch den Rückkopplungszweig (das RC-Netzwerk) zurückgeführt und phasenverschoben, wodurch es erneut verstärkt wird. Das zurückgeführte Signal regt den Verstärker immer weiter an, wodurch eine stabile Schwingung entsteht. Die Schaltung beginnt also zu schwingen, und es bildet sich eine kontinuierliche Sinuswelle.
Akustische Rückkopplung als Vergleich
Das Ganze ist vergleichbar mit einer akustischen Rückkopplung, wie Sie diese möglicherweise von einem Mikrofonverstärker her kennen. Gelangt das Mikrofon in die Nähe des Lautsprechers, der das vom Mikrofon erzeugte Signal wiedergibt, kommt es zu einer solchen Rückkopplung:
Das Signal wird vom Lautsprecher wiedergegeben, gelangt zum Mikrofon, wird vom Verstärker verstärkt und zum Lautsprecher geleitet, der es wiedergibt. Das so verstärkte Signal wird wieder vom Mikrofon aufgenommen, verstärkt, wiedergegeben, erneut aufgenommen und so weiter.
Es entsteht das unangenehme laute Geräusch, das charakteristisch ist für eine solche Mikrofonrückkopplung. Und dieses Geräusch entsteht auch dann, wenn es scheinbar ruhig im Raum ist, also zunächst gar kein Geräusch da zu sein scheint, das verstärkt werden könnte. Doch ein paar Geräusche gibt es meistens doch, und sei es das Grundrauschen des Verstärkers oder ein noch so leises Geräusch, das immer erneut verstärkt und wiedergegeben wird.
Aber nun zurück zu unserer Phasenschieber-Schaltung.
Aufbau der Schaltung für den Phasenschieber
Sicherlich gibt es eine ganze Menge an elektronischen Schaltungen, mit denen sich unterschiedlichste Signale erzeugen lassen. Sehr gängig ist beispielsweise die astabile Kippstufe, auch Multivibrator genannt.
Allerdings erzeugen die meisten dieser Schaltungen recheckförmige Signale oder Ähnliches. Um Sinuswellen zu erzeugen, eignet sich der sogenannte Phasenschieber (englisch: Phase-Shift).
Baut man eine Schaltung nach dem folgenden Schaltbild auf und schließt diese an eine Spannungsquelle mit etwa 6 bis 8 Volt an, so wird über den angeschlossenen Schallwandler ein sinusförmiger Ton mit geringer Frequenz hörbar.
Die Höhe dieses Tons ist dabei von mehreren Faktoren abhängig. So bewirkt beispielsweise eine Änderung der Betriebsspannung auch eine Änderung der Tonhöhe. Weiterhin sind es die frequenzbestimmenden Bauteile wie die Kondensatoren C1 bis C3 und die Widerstände R3, R4 und R6, die eine Veränderung der Frequenz der erzeugten Sinussignale bewirken.

Die Funktionsweise vom Phasenschieber
Damit die Schaltung funktionieren kann, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt werden. Die Kondensatoren C1 bis C3 und die Widerstände R3, R4 und R6 müssen jeweils gleiche Werte besitzen. Die ganze Schaltung funktioniert aufgrund folgender Gegebenheiten:
- Als Erstes wäre da das Prinzip der sogenannten Rückkopplung. So kann sich beispielsweise ein Transistor selbst ansteuern, wenn ein Teil seines Ausgangssignals auf seinen Eingang zurückgeführt wird. Diese Rückkopplung bewirkt quasi eine Selbsterhaltung einmal erzeugter Schwingungen. In unserer Schaltung wurde dieser Rückkopplungsweg über den Widerstand R6 realisiert. Theoretisch könnte diese Rückkopplung auch über einen Kondensator erfolgen.
- Eine weitere Voraussetzung zur Funktion dieser Schaltung besteht darin, dass die zum Eingang des Transistors zurückgeführten Schwingungen in der richtigen Phasenlage erfolgen müssen. Mit anderen Worten bedeutet dies, dass die Schwingungen so zurückgeführt werden müssen, dass nicht etwa ein Wellental zur Basis des Transistors gelangt, wenn ein Wellenberg nötig ist, um die Schwingungen aufrechtzuerhalten.
- Um diese Voraussetzung zu erfüllen, wurde in der Schaltung eine Art zeitliche Verzögerung eingebaut, die durch die eben genannten Bauteile umgesetzt worden ist. Die Kondensatoren benötigen zum Aufladen über die Widerstände eine gewisse Zeit, wodurch eine zeitliche Verzögerung der Wellenform erreicht wird. Man nennt dies auch eine Phasenverschiebung. Die Kombination der zeitlich relevanten Bauteile wurde so gewählt, dass insgesamt eine Phasenverschiebung um 180° erreicht wird. Dadurch ist gewährleistet, dass der Transistor T2 dann eine Signalspitze (Wellenberg) erhält, wenn er diese zum Weiterführen der Sinusschwingungen benötigt.
Bauteile für den Phasenschieber
Der Aufbau der gesamten Schaltung ist nicht ganz unkritisch. Werden die Bauteile falsch dimensioniert, kann die Schaltung keine Sinusschwingungen erzeugen. Außerdem funktioniert die Schaltung nur in einem bestimmten Spannungsbereich.
Übrigens: Sie können mit einem Phasenschieber-Generator nicht nur Töne erzeugen, sondern auch Leuchtdioden ansteuern wie im Beitrag zum „weichen Blinker„.
