Neulich habe ich einen MW-Radio-Bausatz bei einem Anbieter aus China gesehen, und das für weniger als 10 Euro. Taugt er etwas?
Lesen Sie hier mehr dazu.

Heutzutage bekommt man ja alle möglichen elektronischen Geräte direkt aus China zugeschickt, wenn man sie im Internet bestellt. Bei einem größeren Anbieter sah ich diesen Radiobausatz hier. Es sollte sich eigentlich um einen MW-Radio-Bausatz, also einen Mittelwellenempfänger handeln, der als so genannter Superhet-Empfänger aufgebaut wird.
Ein solcher Superhet-Empfänger weist gegenüber anderen, viel einfacher aufgebauten Radioempfängern einige Vorteile auf. Er hat zum Beispiel eine wesentlich bessere Trennschärfe, dicht nebeneinander liegende Frequenzen und damit benachbarte Sender können also wesentlich besser auseinandergehalten, sprich getrennt werden.
Einige Worte zum Superhet-Empfänger
Häufig wird der Superhet-Empfanger auch als Überlagerungsempfänger bezeichnet. Diese Bezeichnung kommt daher, dass das über die Antenne empfangene HF-Signal zunächst mit dem eines in Empfänger befindlichen Oszillators überlagert bzw. gemischt wird. Hierbei handelt es sich um eine in der Regel deutlich tiefere Frequenz, die auch als Zwischenfrequenz bezeichnet wird. Auf diese Weise erhält man eine geringere Zwischenfrequenz mit den gleichen Modulationsinhalt (das über die Radiowellen transportierte Tonsignal) wie das Hochfrequenz- bzw. HF-Signal.
Die Umwandlung der hohen Frequenz in die Zwischenfrequenz hat den Vorteil, dass die so gewonnenen Signale wesentlich besser weiterverarbeitet, also verstärkt und gefiltert werden können. Außerdem ist der Aufbau der weiteren Stufen des Empfängers einfacher, da sich aufgrund der festen Zwischenfrequenz ein einfacher Aufbau bei einer deutlich höheren Trennschärfe und somit einer verbesserten Empfangsqualität ergibt. Allerdings ist der Aufbau einer solchen Schaltung als Bausatz auch etwas komplizierter.

Ist der MW-Radio-Bausatz aus China ein Superhet-Empfänger?
Kurz gesagt: nein. Ein Superhet-Empfänger wandelt das empfangene Hochfrequenzsignal mit Hilfe eines Mischers und eines lokalen Oszillators in eine feste Zwischenfrequenz (ZF) um, die anschließend verstärkt und demoduliert wird. Dieses Prinzip sorgt für hohe Empfindlichkeit und gute Trennschärfe, benötigt jedoch mehrere abgestimmte Stufen.
Ein Regenerativempfänger (Audion) arbeitet dagegen ohne Zwischenfrequenz. Er besitzt nur einen abgestimmten Schwingkreis, dessen Signal über Rückkopplung verstärkt wird. Dabei übernimmt derselbe Transistor oder dieselbe Röhre meist auch die Demodulation. Die Schaltung ist einfach, stromsparend und ideal zum Lernen, erreicht aber nicht die Stabilität und Selektivität eines Superhets.
Wie ein Regenerativempfänger funktioniert
Der Regenerativempfänger, oft auch Rückkopplungsaudion genannt, ist deutlich einfacher aufgebaut.
Hier gibt es nur einen einzigen abgestimmten Schwingkreis, bestehend aus einer Spule und einem Drehkondensator. Dieser Kreis wählt die gewünschte Empfangsfrequenz aus.
Das Signal wird von einem Transistor (oder früher einer Röhre) aufgenommen und verstärkt. Ein Teil des Ausgangssignals wird anschließend über eine Rückkopplungsschleife wieder an den Eingang zurückgeführt. Diese Rückkopplung sorgt dafür, dass der Schwingkreis sehr empfindlich arbeitet. Die Verstärkung wird dadurch sehr hoch.
Das empfangene Signal wird dann direkt im Transistor demoduliert, also in das hörbare NF-Signal umgewandelt. Es gibt keine separate Zwischenfrequenz, keinen Mischer und keinen Oszillator. Die Schaltung arbeitet auf der Empfangsfrequenz selbst.
Warum das chinesische Lernradio ein Regenerativempfänger ist
Der im Schaltplan zum MW-Emfänger Bausatz gezeigte Aufbau besitzt nur eine Spule mit Drehkondensator zur Frequenzabstimmung.
Außerdem gibt es keinen zweiten Schwingkreis und keinen lokalen Oszillator, wie es bei einem Superhet notwendig wäre.
Dafür sieht man deutlich eine Rückkopplungsschaltung, über die eine Teilspannung wieder an den Eingang geführt wird. Das ist ein typisches Kennzeichen des Regenerativempfängers.
Das empfangene Mittelwellensignal wird also direkt verstärkt, rückgekoppelt und dann direkt demoduliert. Das daraus resultierende NF-Signal gelangt danach in die Niederfrequenzverstärkerstufen, die es für den Lautsprecher aufbereiten.
Die wichtigsten Unterschiede im Überblick
Der Superhet-Empfänger arbeitet also mit einer Mischung und einer festen Zwischenfrequenz, während der Regenerativempfänger direkt auf der Empfangsfrequenz arbeitet und seine hohe Verstärkung durch die Rückkopplung erreicht.
Beim Superhet wird das Signal gleichmäßiger und sauberer verarbeitet, der Aufbau ist aber wesentlich aufwendiger. Das Audion dagegen ist einfach, sparsam und ideal zum Lernen. Dafür ist es jedoch etwas empfindlicher gegenüber Frequenzdrift und Rückkopplungseinstellung. Das hier gezeigte MW-Radio ist also kein Superhet.
Lieferung und Lieferumfang des MW-Radios aus China
Zurück zu diesem Bausatz. Er kam ganz unspektakulär in einem kleinen Umschlag mit der Post. In diesem Umschlag befand sich die Plastiktüte im Bild oben, die neben dem Gehäuse auch die Platine und alle benötigten Bauteile enthält. Für den späteren Betrieb der Schaltung wird nur noch eine 1,5-Volt-Batterie gebraucht. Sie können bereits jetzt aufgrund der Schriftzeichen der beiliegenden Anleitung erkennen, dass die Schaltung aus Fernost stammt.

Hier ist der Inhalt der Tüte zu sehen. Die Schaltung wird nicht etwa mit ICs aufgebaut, sondern ausschließlich mit diskreten Bauteilen.

Schaltbild und Funktion der MW-Radioschaltung
Die folgende Abbildung zeigt ein in verschiedene Bereiche eingeteiltes Schaltbild des MW-Emfängers. Dadurch sind die einzelnen Bereiche gut zu erkennen. Es handelt sich hier nur um eine grobe Aufteilung. Diese reicht aber bereits aus, um das Schaltungsprinzip zu verstehen.

Der Hochfrequenzverstärker
Am Eingang befindet sich die Ferritantenne, welche die elektromagnetischen Wellen der Mittelwelle aufnimmt. Diese schwachen Hochfrequenzsignale werden zunächst im abgestimmten Schwingkreis aus Spule und Drehkondensator auf die gewünschte Frequenz eingestellt. Der HF-Verstärkertransistor (BG1) verstärkt das empfangene Signal, bevor es von weiteren Transistorstufen weiterverarbeitet wird. Die Vorverstärkung ist notwendig, um das Signal deutlich über das Rauschen zu heben und die Empfindlichkeit der gesamten Schaltung zu erhöhen.
Die Audion- bzw. Rückkopplungsstufe
Nach der Verstärkung gelangt das Signal in die Audionstufe. Hier gelangt ein Teil des Ausgangssignals über eine Rückkopplung wieder an den Eingang zurück. Diese Rückkopplung erhöht die Verstärkung stark, bis kurz vor den Punkt, an dem der Schwingkreis selbst zu schwingen beginnt. Durch diese Rückkopplung wird die Empfangsempfindlichkeit deutlich verbessert, und selbst sehr schwache Sender können klar empfangen werden. Das ist das zentrale Merkmal eines Regenerativempfängers.
Der Demodulator
Im Transistor findet BG4 die Demodulation des Signals statt. Dabei nutzt man die Nichtlinearität der Transistor-Kennlinie: Sie wirkt ähnlich wie eine Diode und trennt die Niederfrequenz (Toninformation) vom Hochfrequenzträger. So entsteht ein elektrisches Signal, das bereits den ursprünglichen Tonverlauf enthält, also die eigentliche Information des Radiosenders.
Der NF-Vorverstärker
Das demodulierte Signal ist noch sehr schwach, weshalb es in einer nachfolgenden Stufe mit einem weiteren Transistor (BG5) als NF-Vorverstärker verstärkt wird. Diese Stufe hebt die Tonfrequenzsignale auf ein Niveau, das ausreicht, um die Endstufe anzusteuern. Gleichzeitig werden durch Kondensatoren bestimmte Frequenzanteile geglättet.
Die Endverstärkerstufe
In der letzten Stufe arbeitet eine Gegentakt-Endstufe mit zwei PNP-Transistoren (BG6 und BG7).
Sie verstärkt das Signal so weit, dass es einen kleinen Lautsprecher antreiben kann. Trotz der geringen Betriebsspannung von nur 1,5 Volt liefert die Endstufe genug Leistung, um Sprache und Musik auch sehr lauf wiederzugeben. Diese Anordnung ist sehr energieeffizient und für batteriebetriebene Geräte ideal.
Die Anleitung auf Chinesisch
Die Aufbauanleitung ist so ohne Weiteres nicht lesbar. Allerdings kann man auf dem Schaltbild sowie auf dem Bestückungsplan sehr gut erkennen, welche Bauteile wo eingesetzt werden müssen. Im Schaltbild erkennbar sind auch die Messströme der einzelnen Stufen des Empfängers. Diese sind für den späteren Abgleich wichtig. Für den Aufbau wird also auch ein Multimeter mit einem Strommessbereich benötigt.

Vor dem Aufbau des MW-Radio-Bausatz
Ich habe die ganzen Bauteile erst einmal vorsortiert und dabei auf Vollständigkeit überprüft. Der Lautsprecher kann mit zwei Plastikhalterungen und passenden Schrauben im Gehäuse des Mittelwellenradios befestigt werden.

Leider sind einige Leiterbahnen und Lötpunkte auf der mitgelieferten Platine in keinem guten Zustand. Ich habe deshalb die entsprechenden Stellen der Platine erst einmal gründlich gereinigt, so dass die Lötstellen später auch problemlos verlötet werden können.

Der Aufbau der Schaltung hat einige Stunden gedauert. Schließlich müssen alle Transistoren, Filterbausteine sowie weitere Bauteile in Form von Kondensatoren und Widerständen sorgfältig und vor allem richtig eingesetzt werden, damit die Schaltung später funktionieren kann.
Ich habe mit den kleinsten Bauteilen wie den Widerständen und Kondensatoren angefangen und diese in der Stückliste abgehakt, nachdem sie eingesetzt wurden. Nur einige Widerstände (die im Schaltbild mit dem Stern markierten) sollten bei der Bestückung der Platine noch nicht eingelötet werden.
Der Grundabgleich der Schaltung mithilfe der Widerstände
Von der Höhe der Widerstandswerte hängen die für den Abgleich gemessenen Stromstärken ab. Die im Schaltbild angegebenen Ströme werden übrigens über Unterbrechungen in den Leiterbahnen auf der Platine gemessen, die nach dem späteren Abgleich mit einer Lötbrücke geschlossen werden müssen.
Für die Messung werden die Anschlüsse des Strommessgerätes an die beiden Kontaktstellen der Leiterbahnunterbrechung gehalten. Ich habe mit den Abgleich „hinten“ im Schaltbild bei der NF-Stufe (Niederfrequenz) angefangen und mich von dort aus nach links bis zur Eingangsstufe vorgearbeitet.
Für diesen Grundabgleich habe ich zunächst die mitgelieferten Widerstände provisorisch in die Schaltung eingelötet und die Stromstärke am Messpunkt gemessen. Bei einigen Widerständen passte es, bei anderen war die Stromstärke zum Teil zu hoch, so dass die Werte der Widerstände angepasst werden mussten, um die Stromstärke zu verringern.
Ich habe zwei andere Widerstände aus meinem Bestand statt der mitgelieferten Bauteile eingebaut, da zwei Stromwerte nicht stimmten. Die ganze Prozedur ist etwas umständlich. Allerdings lohnt sich die Mühe, da der Empfänger bei optimalem Abgleich wesentlich empfindlicher ist und besser funktioniert.
Der Abgleich der abstimmbaren Spulen
Der Mittelwellenempfänger enthält insgesamt vier Filterbausteine, die bei der Inbetriebnahme des Radiogerätes eingestellt werden müssen. Was es damit auf sich hat, dazu nun mehr.
Warum ein Radioabgleich erfolgen muss
Wenn der Radiobausatz fertig aufgebaut ist, folgt der vielleicht spannendste Teil. Das ist der sogenannte Abgleich oder Radioabgleich. Dabei geht es im Prinzip darum, das Radio so fein einzustellen, dass es Sender klar und sauber empfängt. Und damit meine ich interne Einstellungen der abstimmbaren Spulen. Das sind jene silbernen Bauteile mit den unterschiedlich gefärbten Einstellkernen, die wie Schraubenköpfe von Schlitzschrauben aussehen.
Man kann sich das ein bisschen vorstellen wie das Stimmen eines Musikinstruments: Die einzelnen „Saiten“ des Radios, also Oszillator, Mischstufe und Filter, müssen exakt aufeinander abgestimmt werden. Nur dann klingt es harmonisch, sprich: Der Empfang ist klar und empfindlich, und benachbarte Sender stören sich nicht gegenseitig.
Beim Abgleich dreht man an kleinen Spulenkernen im Inneren des Radios (oft aus Ferrit), bis der Empfang möglichst stark und klar wird. Profis benutzen dafür ein spezielles Messgerät, den HF-Signalgenerator, aber bei einfachen Bausätzen kann man das oft auch mit einem bekannten Sender durchführen.
Unbedingt die richtigen Werkzeuge für den Radioabgleich verwenden
Was außerdem sehr wichtig ist: Beim Abgleich von Radiostufen, besonders bei den Spulen und Filtern, dürfen keine metallischen Werkzeuge verwendet werden. Der Grund ist ganz einfach: Metall beeinflusst das Magnetfeld und damit die Induktivität der Spulen. Schon ein kleiner Schraubendreher aus Stahl kann die Abstimmung deutlich verfälschen, weil er das Feld „verstimmt“ und so die Resonanzfrequenz verschiebt.
Deshalb nutzt man für solche Arbeiten spezielle nichtmetallische Abgleichwerkzeuge, meist aus Kunststoff oder Keramik. Sie verändern das Magnetfeld nicht und erlauben es so, die Ferritkerne der Spulen präzise einzustellen. Außerdem vermeidet man damit Kurzschlüsse auf der Platine oder Beschädigungen an empfindlichen Bauteilen. Kurz gesagt: Nur mit dem richtigen Abgleichwerkzeug bleibt die Einstellung so, wie sie sein soll, und zwar stabil und exakt.
Und noch etwas:
Beim Abgleich sollte man außerdem sehr vorsichtig mit den Ferritkernen in den abstimmbaren Spulen umgehen. Diese kleinen, meist dunkelgrauen Kerne sind sehr spröde und brechen leicht, wenn man zu viel Kraft anwendet oder ein unpassendes Werkzeug benutzt. Sitzt der Kern einmal fest oder wird schief gedrückt, kann er im Inneren der Spule verkanten. Und dann lässt sich der Filter oft gar nicht mehr richtig einstellen.
Deshalb ist es wichtig, ein genau passendes Abgleichwerkzeug zu verwenden, das die Kerbe im Ferritkern sauber greift. Es sollte weder zu locker noch zu stramm sitzen. Ein gebrochener oder verkanteter Kern ist kaum zu reparieren und kann die ganze Spule unbrauchbar machen. Sorgfalt und Gefühl sind hier also wichtiger als Kraft.
Maximale Empfangsleistung bei optimalem Abgleich mit dem MW-Radio-Bausatz aus China
Wenn der Abgleich stimmt, holt man das Maximum aus dem kleinen Empfänger heraus: Er wird empfindlicher, trennt benachbarte Sender besser voneinander und klingt insgesamt deutlich sauberer. Ein gut abgeglichenes Radio empfängt Stationen also nicht nur lauter, sondern auch klarer. Und genau das macht den besonderen Reiz solcher Bastelradios aus.
Der Mittelwellenempfänger enthält insgesamt vier abstimmbare Spulen, die bei der Inbetriebnahme des Radiogerätes eingestellt werden müssen. Den Abgleich habe ich hier nur rudimentär mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln vorgenommen. Ein professioneller Abgleich mit geeigneten Messgeräten wäre sicherlich noch etwas präziser möglich gewesen, aber für ein einfaches Bastelradio reicht das völlig aus.
Trotz des eher einfachen Abgleichs zeigt sich der kleine Empfänger erstaunlich leistungsfähig: Er bietet eine beachtliche Lautstärke und hohe Empfindlichkeit beim Empfang, selbst wenn er nur mit einer einzigen 1,5-Volt-Mignonzelle betrieben wird. Das ist bemerkenswert, denn viele einfache Radiobausätze liefern bei dieser niedrigen Spannung deutlich geringere Ausgangsleistungen. Hier aber zeigt sich, dass die Schaltung trotz ihrer Schlichtheit ausgesprochen wirkungsvoll arbeitet.
Für ein Mittelwellenradio brauchen Sie natürlich auch Mittelwellensender, die aber meistens nur Abends oder nachts gut zu empfangen sind. Das gilt besonders in Deutschland, wo alle Mittelwellensender abgeschaltet wurden und Sie auf den Fernempfang angewiesen sind. Zum Testen von Mittelwellenradios eignen sich auch MW-Sender, die als Bausätze erhältlich sind. Im verklinkten Beitrag geht es um einen solchen MW-Sender.
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